rot-schwarze fahne



Hintergründe zur Repression in Valencia (Spanien)

Valencia, mit etwa 800.000- 1.000.000 Einwohnern, liegt in der fruchtbarsten Region der iberischen Halbinsel (peninsula), auch aufgrund des Klimas wächst eine Menge Gemüse und so, und es ist sozusagen traditionell, dass selbst in der Stadt viele Freiflächen zum Anbau genutzt werden. Das hat sich allerdings in Valencia ziemlich radikal geändert, bzw. ist immernoch dabei sich zu ändern.

Es gibt zur Zeit noch ein Centro Social Okupada (CSO), also ein besetztes Haus, wo auch Konzerte stattfinden, sowie mehrere besetzte, nur bewohnte Häuser. Daneben existieren eine Menge "legaler" Veranstaltungsorte, wie Bars, alternative Kinos und so. Ich finde auch, dass es viele aktive Leute gibt, die sich politisch, künstlerisch oder sonstwie im Sinne von DIY [do it yourself] oder "alternativ" betätigen, wobei sich natürlich alle beklagen, keiner tue etwas, wie in vielen Orten...

Aber rummaulen ändert auch nix, lieber die Möglichkeiten nutzen und selber handeln. Genug Gründe gibt´s jedenfalls, neben den internationalen auch jede Menge lokale:
z.B. sollen viele alte Stadtviertel dem Erdboden gleichgemacht werden, um einerseits den Hafen auszubauen (mehr Export = mehr Knete), und andereseits haben ein paar Immobilienhaie sich bereits den Grund der jetzt noch bewohnten Stadtteile, die meisten in Strandnähe, gesichert, um Luxusappartments dort hochzuziehen (bringt ebenfalls mehr Geld, und nebenbei verschönert es auch das Stadtbild mit einer großen Autoallee und Hochhäusern anstelle von Gemüsegärten und dreckigen "Zigeunerkindern" auf der Strasse).

Leider ist der Widerstand dagegen eher individuell, einige Familien besetzen ihre Häuser, sie weigern sich, in die ihnen zugewiesenen, außerhalb gelegenen Sozialbausiedlungen zu ziehen. Daneben gibt es eine Plattform ("plataforma") des Cabanyal (so heißt eines der umkämpften Viertel), mit eher älteren Leuten, die auf dem "legalen", politischen / lobbyistischen Wege was erreichen wollen, und die Okupas, die auch einige Häuser besetzt halten. Ein paar Leute sind gerade dabei, eine Vokü zu organisieren, die im Cabanyal stattfinden soll und dem Dialog der verschiedenen Fraktionen dienen soll. Das ist aber ganz schön schwer, denn viele Leute haben Angst, mit BesetzerInnen (Okupas) was zu tun zu haben, weil im Fernsehen jeden Tag erzählt wird, dass das Terroristen sind...

Vor allem seit Dezember letzten Jahres (2002), mit dem neuen Regierungsvertreter in Valencia, Juan Cotino, und der Bürgermeisterin Rita Barberá von der "Volkspartei" (Partido Popular, PP) werden sämtliche sozialen / linken Organisationen / Bewegungen in die Terroristen-Ecke gestellt. Seit demselben Zeitpunkt sind auch jede Menge besetzten Sozialzentren (Centro Social Okupada, CSO) in der Stadt geräumt worden, vor allem in den vom Abriss bedrohten Vierteln. Das letzte war das Malas Pulgas am 14.10.02. Malas Pulgas hat über 2 Jahre existiert, jede Menge Konzis veranstaltet, eine Vokü, sowie Zeichnen-, Fahrrad- u.a. Workshops organisiert.

Die Räumung war um 6.30 morgens, ohne richterlichen Befehl, die protestierenden Leute (etwa 30 an der Zahl) wurden mit Festnahmen bedroht (einer später mitgenommen, nachdem sein Perso kontrolliert worden war, aber wegen einer anderen Sache). Gnädigerweise durften alle Sachen rausgeholt werden, die eine Person jeweils allein tragen konnte, natürlich mit Identifizierung und nachdem alles fotografiert worden war. Einige Stunden später kamen Securities der "Levantina Seguridad" an Land, die kostenlos und bis heute das Haus bewachen, das z.Zt. als Museum umgebaut wird. Die "Levantina" ist eine faschistische Organisation, deren Chef Jose Luis Roberto ein stadtbekannter, mit Bullen und Richtern befreundeter Nazi ist. Die Gefühle der Hausbetreiber und -besucher der letzten 2 Jahre kann man sich vorstellen! Es gibt auch sofort spontane Demos und einige Geldautomaten brennen am selben Tag in der Umgegend.

Am Dienstag, 15.10.2002, werden 4 Jugendliche festgenommen - 3 von Zivibullen und einer von einer Gruppe Maskierter festgehalten und geschlagen bis die Polizei eintrifft. 3 Tage lang sind sie im Kommissariat, ohne Essen oder der Möglichkeit, jemanden anzurufen, während die "Brigada de Información" der Polizei fieberhaft nach Beweisen sucht, um die 4 als Terroristen anklagen zu können. So werden die Wohnungen der Festgenommenen durchsucht, PCs, Fanzines, Adressen usw. einkassiert.

Am 18.10.2002 verlegt sie der zuständige Richter (ein bekannter Rechtssympatisant) ins lokale Gefängnis, nach einer ausgiebigen Beratung mit dem Chef der Info-Brigade. Im Laufe dieses Gesprächs werden die Anklagepunkte von 'Zerstörung von Privateigentum' usw. um 'Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung' "bereichert".

Am 22.11.2002 schließlich gibt der Richer bekannt, dass die 4 nach Madrid vor die Audiencia Nacional kommen, wegen 'gewalttätigen, unerlaubten Aktionen' - für eine Terrorismusanklage haben die emsig zusammengebastelten Beweise wohl doch nicht gereicht.

Für die Presse stand allerdings sofort nach der Sicherstellung pro-baskischer Plakate und einer Anleitung zum Bau von Sprengstoffen (Explosivas) fest, dass es sich um eine terroristische Vereinigung handeln müsse. Als Antwort darauf wird auf Demos die Parole 'Der einzige Terrorist ist der kapitalistische Staat' ('El unic terrorista - l´estat capitalista') ausgegeben.

Am 25.10.2002 findet eine große unangemeldete Demo mit über 2000 TeilnehmerInnen statt und etwa ebensoviel Bullerei-"Eskorte". Die Hauswände einiger Stadtteile sind vollgesprüht mit 'Freiheit für die Gefangenen' (libertat para los presos) und 'Schluss mit den Konstruktionen der Polizei' (Basta con montajes policiales).

Es finden etwa alle 2 Wochen Solikonzis statt, Infostände in der Uni, und jeden Sonntag versammeln sich 50-70 Leute vor dem (außerhalb gelegenen) Knast. Inzwischen haben auch in anderen Städten Aktionen eingesetzt: Soli-Demos in Barcelona, Sevilla, Mallorca (nicht von Bayern); und in Edinburgh [GB] ist eines Morgens die Scheibe der spanischen Botschaft eingeworfen und daneben gesprüht 'wenn das Terrorismus ist, was ist dann euers?'.

Es ist wichtig, dass die Information weiter verbreitet wird und
Soli-Aktionen veranstaltet werden, abgesehen davon, dass die Anwaltskosten auch in Spanien sehr hoch sind!!

Mehr Informationen:
http:// www.nodo50.org/cartelera_libertaria


Hintergründe zu der Repression in Valencia findet ihr hier und hier.


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