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Sonderbericht über Kolumbien :
Auch wenn es im Irak regnet, klärt es in Kolumbien nicht auf
(Oder: Die bereits altmodische Geschichte einer Tragödie... )
Seit dem Beginn der Irakkrise und dem erneuten Aufleben der geschichtlichen
Ansprüche des Imperiums auf das Öl und das Leben der arabischen Menschen
hat sich die libertäre Welt und die internationalen Menschenrechts-
und Solidaritätsorganisationen, wie erhofft, alle ihre Energien darauf
konzentiert den Krieg zu verhindern und Solidarität mit dem irakischen
Volk zu zeigen und nicht mit dem irakischen Staat oder dem Diktator
Saddam Hussein.
Nichts desto trotz haben sie zeitweise den Krieg gegen das benachbarte
Imperium vergessen, in dem wir KolumbianerInnen leben. Dieses benachbarte
Imperium ist so nahe, dass es weder Bedarf für großen Truppenverlegungen
gibt, noch für Verhandlungen und Abkommen über den Einsatz oder den
Durchlass von Militärmaterial. Und es gibt auch keinen Bedarf für
Unstimmigkeiten innerhalb des berühmten UNO-"Unsicherheits-"Rates
oder gar nach einem Veto eines seiner ständigen Mitglieder. Es gab
auch keine Stimmen von Frankreich, Deutschland oder Belgien, die beantragt
hätten, dass die US-Regierung keine Truppen und jede Art von Massenvernichtungswaffen
mehr schicken soll, die 30.000 Tote pro Jahr verursachen.
Vergesst nicht die Tragödie in Kolumbien, ein Land in dem die Souveränität
ein seltenes und fast erschöpftes natürliches Rechtsgut geworden ist,
aber wo Unterdrückung und Unrecht reichlich vorhanden sind. Die Gewalt
trifft sogar die Staatsvertreter, wie das UN-Büro für Menschenrechte
betont: "Durch gezielte Morde, Attentate, Entführung und vielfältige
Bedrohungen durch die [bewaffneten Gruppen] AUC, FARC und ELN gegen
Bürgermeister, Abgeordnete, Stadträte und Beamte sind die Möglichkeiten
ihre Pflichten zu erfüllen eingeschränkt".
Gleichermassen hat die FARC im Jahr 2002 ihre Aktivitäten vergrössert
und ernsthaft die Folgen für die Zivilbevölkerung gesteigert, wie
Human Rights Watch im Bericht über die Menschenrechte in Kolumbien
2002 feststellt: "Die ['Volksarmee'] FARC-EP erhöhte ihre Attacken
gegen ZivilistInnen, unter ihnen hunderte von Bürgermeistern und lokale
Beamte. 'Unsere Losung ist es, die Staatsvertreter nicht funktionieren
zu lassen, in keinem Bereich', verlautbarte die Guerilla im Juni.
Am 5.Juni ermordete ein Killerkommando der FARC-EP den Bürgermeister
von Solita im Südteil von Caquetá (...) Während der ersten zehn Monate
des Jahres 2002 setzte die FARC-EP Gaszylinderbomben bei mehr als
40 Angriffen gegen Städte und Dörfer ein, die mehrheitlich zivile
Opfer verursachten."
Die Auswüchse des Paramilitarismus während der letzten Monate sind
unvergleichbar. In Bezug auf den Bericht, den der Staat über seinen
"Kampf" gegen die paramilitärischen Gruppen vorlegte, hat Human Rights
Watch dort einen offensichtlichen Widerspruch aufgezeigt:
"Die Regierung hat mehr Auseinandersetzungen zwischen ihren Truppen
und den Paramilitärs festgestellt, sowie mehr Verhaftungen von vermeintlichen
Paramilitärs als in den Vorjahren. Nichts desto trotz haben die Paramilitärs
an Zahl und militärischer Stärke mehr zugenommen als jemals zuvor.
Sie behaupten mehr als 10.000 trainierte und bewaffnete Mitglieder
zu zählen. Der Zahlenangabe wurde weder von der Regierung, noch von
einer anderen Quelle widersprochen."
Im Schutze der Ermächtigung, die "Zustand der Inneren Erschütterung"
[Ausnahmezustand] genannt wird und die der Kongress dem Präsidenten
Uribe übertragen hat, haben sie die "Verordnung 2002" genehmigt. Damit
konnte die Regierung die sogenannten "Zonen zur Wiederherstellung"
schaffen, um ihre militärische Politik zu festigen, die nach Angaben
der internationalen Menschenrechtsorganisationen besonders im Bezirk
Arauca eine tragisches Ergebnis hinterliess. In diesem Sinne ist Aurauca
- nach Angaben des Büros des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge
(UNHCR) - einer der Bezirke, in dem sich die bewaffneten Auseinandersetzungen
während der letzten Monate am meisten verschärft haben. Das bedeutet
noch mehr Vertreibungen, ebenso wie in Nord-Santander, Cesar, Chocó
und Putumayo. Obwohl nach Angaben des UNHCR diese Fluchtbewegungen
sogar hauptsächlich innerhalb des Landes stattfinden, wurde ebenfalls
ein Anstieg der Grenzübertritte festgestellt. Diese Situation hat
das UNHCR-Büro dazu bewegt alle angrenzenden Länder aufzurufen, den
flüchtenden KolumbianerInnen Zugang zu gewähren.
Widersprüchlicherweise hat die Nationalregierung diese Zonen geschaffen,
um "die Zivilbevölkerung zu schützen". Gerade seit dem massiven Anstieg
der bewaffneten Kräfte in dem Gebiet nahm auch die gewaltsame Vertreibung
der Menschen und die gezielten Morde zu. Nach Berichten der vertriebenen
Bevölkerung von Mitte 2001 und im Vergleich mit den Angaben vorhergehender
Zeiträume, ist die Vertreibung aus Arauca seitdem um 300% angestiegen,
am meisten seit November 2001. Es sei noch angemerkt, dass nicht alle
vertriebenen Personen ihren Zustand angeben, aus Angst davor, von
jenen gefunden zu werden, die sie vertrieben haben - oder weil sie
nicht wissen, welche Möglichkeiten sie gegenüber dem Staat haben,
wenn sie vertrieben wurden. Aus diesem Grund zeigen die angekommenen
Beschwerden nicht die Gesamtzahl der vertriebenen Bevölkerung; von
daher ist der Anstieg möglicherweise noch höher.
Im Februar 2002 hat eine ca. 35.000-köpfige Landarbeiter-Bewegung
aus dem Bezirk Arauca die grundsätzliche Erfüllung der Vereinbarungen
gefordert, die zuvor mit der Regierung getroffen wurden. Diese Vereinbarungen
betreffen Untersuchungen über Menschenrechtsverletzungen und Verstösse
gegen die Internationalen Menschenrechte in Arauca, die Schaffung
eines Untersuchungs-Ausschusses über Verbrechen gegen Menschenrechte,
die Anwesenheit eines ständigen Vertreters des Internationalen Roten
Kreuzes, die Anwesenheit eines Militärbeauftragten und einen Ortsbesuch
des Interamerikanischen Menschenrechts-Ausschusses.
Kolumbien ist seit dem 31. Juli 1973 Mitglied des Amerikanischen Abkommens
über Menschenrechte. Der kolumbianische Staat bestätigte am 21.Juni
1985 für eine unbestimmte Zeitperiode die Zuständigkeit und Rechtssprechung
des Interamerikanischen Gerichtshofs und des Ausschusses für Menschenrechte
(CIDH), beides Organisationen zum Schutz der Menschenrechte.
Im Artikel 63 des Amerikanischen Abkommens für Menschenrechte ist
in Punkt 2 festgelegt: "In schwerwiegenden und dringenden Fällen und
wo immer es nötig ist, um nicht wieder gut zu machende Schäden für
die Bevölkerung zu verhindern, kann das Gericht in vorliegenden Verfahren
angemessene vorläufige Massnahmen ergreifen, die es für nötig hält.
Auf einen Vorfall, der ihm noch nicht übermittelt wurde, kann es auf
Anfrage des Ausschusses reagieren."
I n Artikel 25 der Regelungen des Interamerikanischen Ausschusses
für Menschenrechte wird in Punkt 1 festgestellt, dass "in schwerwiegenden
und dringenden Fällen und wo immer es nötig ist, der Ausschuss aufgrund
der verfügbaren Informationen in der Lage ist, im eigenen oder fremden
Auftrag einen Antrag an den entsprechenden Staat zu stellen, jede
Form von Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um unwiderrufliche Schäden
für Personen zu verhindern." Punkt 4 stellt fest, dass "die Bewilligung
einer solchen Massnahme und ihre Umsetzung durch den Staat keine Vorverurteilung
über den Kern der Sache beinhaltet".
Im Verlauf des Jahres 2000 hat der Interamerikanische Ausschuss für
Menschenrechte elf Vorsichtsmassnahmen für Kolumbien erlassen, 2001
vierzehn und 2002 neunzehn. Der wichtige Punkt bei diesem Massnahmen
ist im Fall von Kolumbien, dass sie darauf abzielen, ganze Gemeinden,
Gewerkschaften und Organisationen zu beschützen, von denen einige
über das ganze Land, bzw. über gesellschaftliche Bereiche verteilt
sind. Das unterscheidet die Massnahmen von der Praxis in anderen Ländern,
wo grundsätzlich einzelne Personen beschützt werden. Diese Tatsache
ist ein Anzeichen, dass uns erlaubt, den Ernst der kolumbianischen
Lage einzuschätzen.
Im Hinblick auf die Lage von Frauen in der Auseinandersetzung, erklärt
die Generalstaatsanwaltsschaft in ihrem Bericht für 2000, dass Frauen
sich grundsätzlich in einer weitaus verletzlicheren Lage befinden,
und darüber hinaus besonders in Kriegsgebieten noch schwerwiegender
von der Gewalt betroffen sind. Die Generalstaatsanwaltschaft hat außerdem
festgestellt, dass Regierungsprogramme fehlen, um diesen Problemen
entgegen zu treten. Die Anführerinnen in den politischen und bäuerlichen,
bzw. Landarbeiter-Organisationen in verschiedener Gebieten sind ausserdem
Ziele von Verfolgungen, Bedrohungen, Folterungen und Hinrichtungen.
Gewalt in der Familie, sexuelle Belästigung und Frauenmord sind sowieso
immer noch schwerwiegende Probleme im ganzen Land. Mehr als 30% der
FARC-Mitgieder sind Frauen. Mehrere Beobachter haben beklagt, dass
Kämpferinnen innerhalb der Guerillaorganisationen als sexuelle Sklavinnen
missbraucht werden. In der zweiten Weltkonferenz über Menschenrechte
(Wien 1993) und in verschienden Tagungen, Abkommen und Erklärungen
haben die Vereinten Nationen betont, dass die Menschenrechte der Frauen
ebenfalls ein Teil der Menschenrechte sind; darum müssen diese Rechte
von den Staaten geschützt und garantiert werden. Trotz der Menschenrechte
sind Frauen ständige Opfer von Vergewaltigungen, allein aufgrund der
Tatsache, dass sie Frauen sind; so ist es dazu gekommen, dass sich
Vergewaltigung und Folter zu einer ständigen Praxis in dem kolumbianischen
bewaffneten Kampf entwickelt haben.
Gleichermassen wurden Frauen in größerem Ausmass zwangsvertrieben;
die Zahlen belegen diese Tatsache, da sie nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerkes
(UNHCR) zwischen 49% und 58% der gesamten vertriebenen Bevölkerung
im Inneren des Landes ausmachen. Vertriebene Frauen sehen sich vielfachen
Formen der Herabsetzung, der Diskriminierung, ausgesetzt. Eine andere
höchst verwundbare Gruppe in der Mitte dieser Auseinandersetzung sind
Menschen unter 18 Jahren, da sie zusammen mit Frauen im Fadenkreuz
der Aktionen von allen am Rande des Gesetzes handelnden Gruppen sind;
in einigen Fällen macht der bewaffnete Konflikt einen Teil ihres täglichen
Lebens aus. Dies belegt die Aussage eines Minderjährigen, der einst
an eine dieser bewaffneten Gruppe gebunden war: "Seit ich klein bin,
sind Schiessereien normal. Dass jemand umgebracht wird, ist vollkommen
üblich."
Die vom Kolumbianischen Rechtsausschuss, einer der höchst angesehenen
Menschenrechtsorganisationen in Kolumbien, in ihrem Bericht vom Januar
2003 vorgestellte Zusammenfassung, spricht für sich selbst: "Die Richtung
der Entwicklung der Menschenrechtssituation im Land ist erschreckend.
Es gibt viele willkürliche Verhaftungen, Gerichtsanklagen und Hausdurchsuchungen
gegen die Verteidiger der Menschenrechte und gegen die Zivilbevölkerung
(...). Die Behörden zum Schutz der Menschenrechte und die nationale
und internationale Gemeinschaft sollten eingreifen, um diese Willkür
zu stoppen und die Rechte der Opfer wiederherstellen."
Die Dynamik des bewaffneten Konfliktes hat nicht nur abertausende
von Kolumbianerinnen und Kolumbianer zu Opfern gemacht, sondern auch
Mitglieder der US-Geheimdienste - drei Militärs wurden verhaftet und
einer getötet, nachdem deren Flugzeug abgeschossen wurde, mit dem
Geheimdiensttätigkeiten ausführten, wie selbst die Presse des Imperiums
berichtet. Das Aufheulen des Imperiums konnte man auf dem ganzen Kontinent
hören: "Wir werden unsere Bürger retten!" Dann entschlossen sie sich,
erst einmal 150 Marines zu schicken, wie sie es auch nach dem 11.
September auf den Phillipinen getan hatten, wo die Regierung des Imperiums
350 Männer geschickt hatte; heute sind es fast 800 bewaffnete Männer,
die ausgerüstet sind, um mehr als zwei Jahre zu bleiben.
Eine abwegige Möglichkeit? Es gibt jedenfalls Leute, die denken, dass
eine mögliche Militärintervention der US-Marines tatsächlich die endgültige
Lösung dieses Konfliktes sein könnte; das wurde von Journalisten,
wie Antonio Caballero unterstrichen. "Sie sagen einem: Angesichts
der Überwachungssatelliten der Gringos und ihrer ´intelligenten` Raketen,
ist das einzige, was sie tun können, ´Momo Jojoy´ und ´Tirofijo` (Guerilleros)
in den Urwäldern zu finden und ihnen eine dicke Rakete zu schicken.
Das ist der Weisheit letzter Schluss. Und wenn das nicht klappt, dann
sollen sie doch bei uns einmarschieren." In diesen Momenten denken
einige aus dem (kolumbianischen) Politik- und Arbeitgeberbereich darüber
nach, dass ein US-Marines-Einsatz auf bekannte Art die Auslöschung
des Problems ergeben würde; diese Leute sind genau diejenigen, die
nicht fähig waren, sich an einem aufrichtigen Prozess von Friedensverhandlungen
zu beteiligen. Caballero fügt hinzu: "Und es ist kaum zu glauben,
dass die Gringos für die untüchtigen Verantwortlichen des kolumbianischen
Establishments die Kastanien aus dem Feuer holen werden. ´Sie sind
unsere Freunde, sie sind Leute wie unsereins´, sagen Verblendete.
Aber das ist auch nicht wahr. Noch befreundeter mit ihnen war der
persische Schah; besseres Englisch sprach Ferdinand Marcos von den
Phillipinen, und General Mobutu aus dem Kongo machte seinen Abschluss
in West Point. Und alle haben sie ausgetauscht, als sie ihnen wegen
Unfähigkeit nicht mehr länger nützlich waren."
Die Entwicklung hin zu einer "Vietnamisierung" des kolumbianischen
Konfliktes tritt wieder in den Vordergrund der Befürchtungen von uns
44 Millionen ´anständigen` Kolumbianern, die diesen Krieg nicht nur
nicht wollen, sondern ihn hassen. Wenn wir die Einzelheiten einer
möglichen militärischen Intervention durch die Marines betrachten,
spiegeln sich interessante Ideen, so wie die Meinung von Jesse Helms,
und damit eines wichtigen Teils der nordamerikanischen Rechten, wider
- betreffend den Internationalen Strafgerichtshof und der US-Entscheidung,
den Vertrag von Rom nicht mit zu tragen: Eines von Mr. Helms Argumenten
ist, dass der Römische Vertrag ein gefährliches Dokument sei, und
eines der Verbrechen, die er behandelt, ist "Aggression"; dies sei
aufgenommen worden, obwohl es kein Übereinkommen darüber gäbe, wie
diese zu bestimmen sei. Mr. Helms fügt hinzu: "Wir sollten deutlich
sehen, dass es in den Augen des Gerichtshofes ein Aggressionsverbrechen
wäre, wenn die Vereinigten Staaten, um ihre nationalen Interessen
zu verteidigen, eine Militäraktion in die Wege leiten würden, ohne
das Gericht um Genehmigung zu fragen und diese zu bekommen." Das Argument
dürfte keine Zweifel mehr lassen, denn es geht davon aus, dass die
nationalen Interessen der USA überall auf der Welt vorhanden sind
und jede militärische Aktion in diesem Sinne unanfechtbar sei. Jesse
Helms führt fort: "Dieser Gerichtshof versucht über die nationale
US-Sicherheitspolitik zu richten. Könne Sie sich vorstellen, was passiert
wäre, wenn dieses Tribunal bereits während der US-Invasion in Panama
gearbeitet hätte? Oder in Grenada? Oder die Bombardierung von Tripolis?
In keinem dieser Fälle haben die USA die Genehmigung der Vereinten
Nationen angefragt, um unsere Interessen zu verteidigen."
Bereits 1995 prangerte Noam Chomsky dies an: "Kolumbien bekommt fast
die Hälfte der militärischen Unterstützung, die die USA in diesem
Teil der Welt verteilen; sie wurden während der Regierungszeit von
Präsident Clinton erhöht, der sich der Notreserven ermächtigte, weil
der Haushalt des Pentagons diese Ausgaben nicht zuliess." Heute, 2003,
also acht Jahre später, bekommt Kolumbien die dritthöchste Militärhilfe
des Imperiums, um den "Terrorismus" anderer Länder und Gruppen zu
bekämpfen, die gegen das ´Herz des Imperiums` gerichtet sind. Denn
bei dem "Terrorismus", den das Imperium gegen den Rest der Menschheit
anwendet, handele es sich um gerechtfertigte und angemessene Aktionen,
die als "kriegspräventive Massnahmen" bezeichnet werden.
Natürlich hat demzufolge der Tod von drei Mitgliedern des US-Geheimdienstprogramms
keine annähernde Ähnlichkeit mit dem Mord an drei US-Kollaborateuren,
die als Rechtfertigung angaben, ihre Aufgabe sei es, Solidarität mit
den Eingeborenen der U´wa zu leisten. Dieses Verbrechen wurde von
der FARC begangen. Aber die amerikanischen Stimmen, "Rache, Rache,
Rache", ähnelten denen der kolumbianischen Staatstyrannen: "Invasion,
Invasion, Invasion".
Chomsky erklärte in seiner Eingabe an das Weltsozialforum in Porto
Allegre im Januar 2003: "Der mächtigste Staat der Geschiche hat laut
und klar ausgesprochen, dass er mit den Mitteln der Gewalt die Welt
zu verwalten versucht; das ist das Mass, mit der er seine Übermacht
aufrecht erhält."
Als wenn dies noch nicht genug wäre, schlägt ausgerechnet Präsident
Uribes ultra-rechte Regierung ausserdem dem kolumbianischen Volk die
Bestätigung eines "Referendums" vor, welches das Unvorstellbare rechtfertigen
soll, nämlich hunderte von korrupten Politikern, die unsere öffentlichen
Finanzen geplündert haben, d.h. die uns alle bestohlen haben, vor
Gericht zu stellen. Doch damit löschen sie dann ausgerechnet die örtlichen
Persönlichkeiten aus, die als Einzige die Menschenrechte der Bevölkerung
auch in den entferntesten Gemeinden des Landes verteidigen. Aber,
und auf noch zynischere Art und Weise, wird, nach der Billigung eines
niederträchtigen Steuer- (und Mehrwertsteuer-) Planes durch den Kongress,
ausserdem von uns KolumbianerInnen verlangt, ihnen weitere Steuern
zu genehmigen, mit denen der Krieg finanziert werden soll, und die
Sozialausgaben zu senken.
Dieses Referendum ist der Höhepunkt der ´Anpassung` der kolumbianischen
Staatskasse an die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) auferlegten
finanziellen Regelungen; Löhne und öffentliche Ausgaben einzufrieren,
was schwerwiegende Auswirkungen für Bildung, Gesundheit, Ernährungssicherheit,
Wohnen und Arbeit, sowie Umweltschutz hat und einen wirtschaftlichen
Niedergang hervorbringen wird; letztendlich ist dies eine Beleidigung
gegenüber der Menschlichkeit der kolumbianischen Bevölkerung.
Wir, einige der libertären Organisationen in Cali, Medellin und Bogotá
haben gemeinsam mit den verschiedensten kritischen Richtungen des
Landes zusammengearbeitet: soziale, gemeinschaftliche Organisationen,
Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen - um die "Kampagne
zur Stimmenthaltung bei der Bestätigung" anzuregen. Natürlich nimmt
jede Organisation aus eigenen Interesse an der Kampagne teil; die
unserige ist: wie glauben nicht an das repressive System, sondern
an den Aufbau einer direkten und selbstverwalteten Demokratie.
Die Kampagne hat nicht nur dieses Referendum auf Spiel gesetzt; sondern
mehr noch, einige Teile der traditionellen Parteien, die sich darüber
ärgerten, dass sie von der Regierung nicht zu dem Bankett eingeladen
wurden, haben ihre Sympathie mit ihrer Abwesenheit gezeigt. `Aber
die sind Mehl aus einem anderen Getreidesack,` also etwas völlig anderes.
Die IAA hat angesichts dieser Realität mehrere Resolutionen und Abkommen
veröffentlicht, die die dringende Notwendigkeit betonen, eine massive
Kampagne zu beginnen, angesichts des Zustands der Sozial- und Gewerkschaftsorganisationen:
Allein zwischen Juni 2001 und Februar 2003 wurden 219 GewerkschaftlerInnen
ermordet, viele wurden angeklagt und wegen ihrer Aktivitäten vor Gericht
gestellt: Sie mussten Hausdurchsuchungen durch Staatsbeamte auf dem
Gelände der "Zivilgesellschaftlichen Ständigen Friedensversammlung"
und der Regionalbüros der Kolumbianischen Zentralgewerkschaft (CUT)
erleiden; leitenden VertreterInnen der Arbeiterunion (Union Sindical
Obrera) wurden verhaftet und vor Gericht gestellt; Mitglieder ehemals
aufständischer Organisationen, die heute ins zivile Leben integriert
sind, wurden bedroht. Im Falle unserer Organisation mussten wir das
Lokal, in dem wir gearbeitet haben, schliessen, nachdem dreimal unsere
Fensterscheiben eingeschlagen wurden, wir immer mehr Drohanrufe erhielten,
und ausserdem zwei Schreiben mit dem Satz "Tod den ´Kröten` und den
Landesverrätern" eingegangen waren. Ausserdem wurden während der Hausdurchsuchung,
die im November und Dezember in der kolumbianischen Nationaluniversität
durchgeführt wurden, einige unserer Schliessfächer mit Vertriebsmaterialien
mit Gewalt geöffnet und der Inhalt beschlagnahmt. Unsere vorher schon
geschrumpfte Gruppe ist zur Zeit noch kleiner, da einige unserer GenossInnen
zeitweilig in anderen Gebieten des Landes Zuflucht suchen mussten.
Bitte vergesst nicht die kolumbianische Tragödie, denkt daran,
dass der Kampf gegen das Imperium global und an verschiedenen Fronten
stattfinden muss.
Mit libertären und antimilitaristischen Grüssen
"Amigos de la AIT", Kolumbien
("Freunde der IAA")
E-mail: [email protected]
Übersetzung: eduCAT
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