Überalla auf der Welt sind es die Arbeiter/innen, die den Preis für die Krise des Kapitalismus zahlen müssen. In Britannien kostete es eine Billion Pfund Sterling, um die Banken vor einem Zusammenbruch zu retten. Und die [konservative] Regierung hat nun vor
die Kosten für die Bankenrettung durch massive Ausgabenkürzungen
zu finanzieren. Bereits die Angriffe der Regierung Thatcher
[1979-1990] hatten viele Gemeinschaften der Arbeiterklasse
zerschlagen. Doch die geplanten Ausgabenkürzungen gehen weit
darüber hinaus, was sich Thatcher jemals erträumt hatte. In den
nächsten vier Jahren plant die Regierung ihre Staatsausgaben
um 25% zu kürzen.
Sogar
die Regierung gibt zu, dass das zu einem Verlust von über einer
Million Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst führen wird. Die
britische Wirtschaft ist derart abhängig vom Öffentlichen Dienst,
dass es nach Regierungsangaben mindestens zu einer weiteren halben
Million Kündigungen in der Privatwirtschaft kommen wird. Diese
verlorenen Arbeitsplätze werden am härtesten in den alten
Industriezentren Britanniens zu spüren sein, wie in Schottland,
Nordengland und Wales, die schon von der Thatcher-Regierung
geschwächt worden sind.
Damals behauptete die Regierung,
dass neue Hoch-Technologie-Industrien den Arbeitsplatzabbau in
traditionellen Industriezweigen, wie Bergbau und Schwerindustrie,
ausgleichen würden. Das hat jedoch nie stattgefunden. Stattdessen
wurden Jobs im privaten Sektor geschaffen. Und ein Ergebnis davon
ist, dass heute über 60% der Arbeitsplätze in den alten
Industrieregionen in der Privatwirtschaft sind. Wenn nun die
Regierung mit den geplanten Kürzungen durchkommt, werden diese
Regionen zu industriellen Wüsten verfallen, mit massiver
Arbeitslosigkeit und allen damit verbundenen gesellschaftlichen
Problemen.
Einige der tiefsten Einschnitte werden die
Ärmsten, und die Arbeitslosen treffen, sowie alle, die aus
gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten können. Die Regierung wird
als Teil dieser Kürzungen auch die Axt anlegen an das bereits
bröckelnde Sozialstaatssystem. Nach monatelangen rhetorischen
Angriffen auf „Sozialschmarotzer“ wurden die Sozialleistungen
nun um 7 Milliarden Pfund jährlich gekürzt – nachdem bereits vor
Monaten Kürzungen von 11 Milliarden Pfund pro Jahr beschlossen
wurden.
Den Leute, die von Sozialleistungen abhängig sind,
und den bereits Verarmten wird das Leben noch schwerer gemacht.
Behinderten und Kranken wird das Geld einfach weggenommen. Die
Sozialkürzungen bedeuten für 18 Millionen Haushalte mindestens
1.000 Pfund im Jahr weniger. Die Angriffe auf das Wohngeld werden
viele aus ihren Häusern vertreiben. Arbeiter/innen werden gezwungen
sein für ihre Rente länger zu schuften und mehr Beiträge zu
zahlen, um im Ruhestand dann weniger zu bekommen. Als Teil
der Kürzungen zieht sich der Staat aus ganzen Branchen zurück. Zum
Beispiel in der höheren Bildung plant die Regierung eine
Verringerung der Universitätsförderung um 40%. Der Fehlbetrag soll
wieder reinkommen indem den Universitäten erlaubt wird von den
Studierenden immer höhere Gebühren zu verlangen. Tatsächlich
betreibt die Regierung damit die teilweise Privatisierung des
Bildungssystems.
Die
Auswirkungen dieser Privatisierung wird für Studierende und
Arbeiter/innen gleichermaßen spürbar sein.
Wenn
die von den Student/innen geforderten Gebühren ansteigen, werden
Kinder aus der Arbeiterklasse unmöglich ein Universitätsstudium
finanzieren können. Dadurch wird die Hochschulbildung noch mehr zu
einem Privileg der Mittelklasse. Die Elite der britischen
Universitäten, wie Oxford und Camebridge, sind jetzt schon von den
Kindern der Mittel- und Oberklasse dominiert. Diese Hochschulen
werden in der Lage sein immer höhere Studiengebühren zu verlangen,
wobei die jetzt schon peinlich niedrige Anzahl von Kindern aus armen
Familien, die britische Top-Universitäten besuchen, noch
weiter gesenkt wird.
Die
Privatisierung der Hochschulen wird spürbare Auswirkungen auf die
Arbeiter/innen haben. Die Regierung hat bereits deutlich gemacht,
dass Unis, die nicht genug zahlungskräftige Studierende anziehen
können, um die 40% Finanzierungskürzungen auszugleichen,
pleite gehen und tausende Arbeitsplätze verlieren werden. Als
Reaktion auf die Kürzung staatlicher Fördergelder haben
Hochschulen in ganz Britannien bereits damit begonnen Arbeitsplätze
abzubauen, um die Kosten zu reduzieren. Dabei wurde der Lohn der
Universitätsangestellten bereits im zweiten Jahr in Folge nicht
erhöht.
Die
Regierung hat sich ausserdem vorgenommen ihre Unterstützung für
die örtliche Verwaltung um 28% herunterzufahren.
In
Britannien bieten die örtlichen Behörden eine Bandbreite an
öffentlichen Diensten an, von Schulen über Pflegeheimen für Alte
und psychisch Kranke bis zu Müllabfuhr und
Straßenreinigung. Angesichts der Ausgabenkürzungen sind die
Stadtverwaltungen bereits dazu übergegangen Angebote zu streichen,
die sie den Schwächsten der Gesellschaft bieten. Arbeitsplätze
werden abgebaut und der Lohn wird jenen Arbeiter/innen gekürzt, die
sich glücklich schätzen noch einen Job zu haben. Viele lokale
Behörden haben eine weitere Welle der Privatisierung gestartet,
wobei mindestens eine Stadtverwaltung den Verkauf aller ihrer
Dienstleistungen plant.
Unnötig zu erwähnen, dass diese
wilden Angriffe auf die Arbeiter/innen nicht auch den Reichen
gelten. Die Regierung pumpt weiterhin Geld in die Banken, wobei ein
großer Brocken davon letztlich die Gehälter der Bänker/innen
anheben wird. In diesem Jahr werden die angeblich Pleite gegangenen
Banken ihre Top-Manager/innen mit insgesamt 7 Milliarden Pfund als
Bonuszahlungen belohnen. Die Regierung plant ausserdem die
Körperschaftssteuer für Unternehmen zu senken.
Zusammenfassend
lässt sich sagen, dass die von der Regierung geplanten Kürzungen
bei staatlichen Ausgaben die größten Angriffe auf die
Arbeiterklasse seit den 1920er Jahren darstellen. Damals wurde durch
die Ausgabenkürzungen die Wirtschaftskrise von 1930 mitverursacht.
Und viele sagen heute voraus, dass allein durch die Höhe der
Kürzungen eine doppelte Rezession [W-förmiger Konjukturverlauf]
verursacht werden könnte, die zu weiterem Arbeitsplatzabbau
führt.
Die nächsten vier Jahre werden für die britische
Arbeiterklasse kritisch, denn heute ist es schwer vorherzusagen
wieviel organsierten Widerstand der Arbeiter/innen es gegen die
Kürzungen geben wird. Die britische Arbeiterklasse hat sich noch
immer nicht von den Niederlagen der Thatcher-Zeit erholt. Und in
Britannien haben in den letzten 30 Jahren massive wirtschaftliche
Veränderungen stattgefunden. Die reformistischen
Gewerkschaften mögen vielleicht 7 Millionen Mitglieder haben, aber
sie sind schwach und jämmerlich. Die Gewerkschaften haben von
organisierten Streikaktionen gesprochen, aber ihre bisher
einzige Antwort auf die Kürzungen ist eine landesweit geplante
Demonstration im März nächsten Jahres!
Doch in den letzten
paar Wochen gab es Anzeichen, dass die Arbeiter/innen nicht
abwarten bis die reformistischen Gewerkschaften die Arbeiterklasse
betrügen. Obwohl zahlenmäßig klein, gab es einige Demonstrationen
im ganzen Land. Es wurde auch eine Graswurzelkampagne gegen den
Mobiltelefonbetreiber Vodaphone gestartet, nachdem bekannt wurde,
dass die Firma ihre 6 Milliarden Pfund Schulden bei der Regierung
nicht bezahlen muss. Nur durch solche direkten Aktionen
können die staatlichen Kürzungen zurückgedrängt werden, nicht
durch passive Demonstrationen, die von reformistischen
Gewerkschaften organisiert werden.