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USI-IAA:

Vom Maghreb bis Albanien und Ägypten
- Aufstände für Brot und Freiheit

Während wir das hier [Mitte Februar 2011] schreiben, fließt in Ägypten Blut wegen der grausamen Repression des Mubarak-Regimes gegen die aufständische Bevölkerung. Die Massenerhebungen in Ägypten, wie auch die jüngsten Aufstände in Tunesien, Algerien und Albanien treffen im Zusammenhang der weltweiten Wirtschaftskrise zusammen mit den Mobilisierungen der Arbeiter/innen und Studierenden in Europa: von Griechenland bis Spanien, von Frankreich über Italien bis England. Es gibt dabei zwar Ähnlichkeiten, doch auch Unterschiede im Charakter des offenen Kampfes gegen die Regierungen und ihre Apparate, sowie die gewaltsame Unterdrückung. Aber vor allem unterscheiden sie sich durch die Abwesenheit jeglicher Art von Vermittlung.

Es wird gekämpft um Grundbedürfnisse, wie tägliche Lebensmittel oder minimale Formen der Demokratie. Es wird gekämpft gegen despotische und tyrannische Regime – seien es reale Königshäuser, Diktatorenfamilien oder politisch-militärische Kasten. Es wird gegen die Ben Alis, Bouteflikas, Mubaraks und Berishas gekämpft, die der Ausdruck solcher Regime sind. Es wird gegen die brutalsten Formen der Unterdrückung gekämpft, welche die Globalisierung hervorgebracht hat. Es wird gekämpft für Brot und Freiheit.

Wir sind mit den Proletarier/innen dieser Länder – und wie könnten wir es nicht sein - im Bewusstsein, dass ihre Kämpfe das Risiko beinhalten ein fruchtbarer Boden für islamischen Fundamentalismus, andere Militäreliten oder neue politisch-wirtschaftliche Kreise zu werden. Neue Regierungsformen könnten entstehen, welche von den Regierungen und Herrschenden in den fortgeschrittenen kapitalistischen Länder abgesegnet werden.

Unsere Solidarität gilt den Proletarier/innen und Massenbewegungen, welche in Kairo und anderen aufständischen Städten immer wieder auf die Strasse gehen. Das Problem ist jedoch: Wie gehen wir weiter als unsere Worte? Und wie können wir die Solidarität konkret werden lassen?

Internationalismus, Solidarität und Klasseneinheit waren schon immer untrennbar verbunden und sind es in einer globalisierten Welt immer mehr. Denn Internationalismus existiert nicht, ohne dass Solidarität und Klasseneinheit wachsen. Und diese können nur wachsen, wenn es einerseits ein Bewusstsein der gemeinsamen Interessen aller Unterdrückten gibt. Und wenn es andererseits klar ist, dass die Interessen der Unterdrückten nicht vereinbar sind mit denen der Herrschenden.

Diese grundlegende Wahrheit ist in unserem Land [Italien] durch Jahrzehnte der konzertierten Interessensvermittlung, der Unterordnung und des Ausverkaufs der Errungenschaften der Arbeiter/innen in Vergessenheit geraten. Verantwortlich dafür ist eine unanständige und faule politisch-gewerkschaftliche „Linke“, die im Einklang mit ihrer Sklavenrolle über alles und nichts herumlabert.

In einer auseinander fallenden Welt zeigt uns Ägypten nicht den Weg, dem wir folgen müssen, sondern eine mögliche dramatische Zukunft, in der es notwendig sein wird, für ein Stück Brot und ein paar  Rechte auf den Barrikaden Opfer zu bringen. Wir müssen dieser Entwicklung mit unseren Kämpfen  schnell ein Ende setzen und uns nicht für eine reformierte und verbesserte Gesellschaft einsetzen, sondern für eine ganz andere Gesellschaft. Für eine Gesellschaft, deren Grundlage die Solidarität, gegenseitige Hilfe und freie Zusammenarbeit ist - in absoluter Gleichheit und Verfügbarkeit von sozialen und natürlichen Ressourcen ohne Diskriminierung wegen Sprache, Ethnie und Kultur.

Das ist die konkreteste Unterstützung, welche wir den kämpfenden Massen und Proletarier/innen in Ägypten und der ganzen Welt - auch uns selbst - geben können.

Internationales Sekretariat der Unione Sindacale Italiana (USI-IAA),

http://www.usi-ait.org/,

http://www.lottadiclasse.it/

Übersetzung: Anarchosyndikat Köln/Bonn



Dieser Artikel ist gemeinfrei bei Nennung der Autor/innen und Übersetzer/innen, sowie der Webseite http://anarchosyndikalismus.org